Immer wieder höre ich von Leuten, die erstmals etwas historisches schneidern wollen, ähnliche Fragen und Klagen. Die möchte ich auf dieser Seite sammeln und beantworten. Wenn Du also ein Problem hast, das sich nicht auf ein bestimmtes Gewand bezieht, dann nur her damit!
1. Ist ja alles schön und gut mit authentischen Stoffen, aber die kann ich mir nicht leisten!
Für einen Erstling muß das auch gar nicht sein. Du wirst 
  wahrscheinlich erstmal mit dem Schnitt und den historischen Techniken zu kämpfen 
  haben und froh sein, wenn Du wenigstens die Form richtig hinkriegst. Wer will 
  schon viel Geld für etwas ausgeben, von dem noch gar nicht klar ist, ob 
  es klappt? Wenn man noch gar nicht weiß, ob man das Hobby nicht schon 
  bald wieder aufgibt? Nein, für einen Erstling solltest Du einen 
  billigen Stoff nehmen, denn wenn Dich das historische Hobby wirklich packt, 
  dann wirst Du den Erstling bald in die Tonne treten wollen. Sei dann aber konsequent 
  und mach es richtig billig: Lieber einen Acetat- oder Viskose-Taft, der 
  optisch für Seidentaft durchgehen kann, als Dupionseide, die nur für 
  Dupion durchgeht und somit offensichtlicher falsch ist  und wahrscheinlich 
  auch teurer. Lieber Nähmaschine als viel Zeit für Handarbeit investieren. 
  Und bloß keine großen Dekorationen! Die kosten schließlich 
  auch Zeit und Geld und machen möglicherweise aus einem wohlgeratenen Erstling 
  einen regelrechten Unfall, weil nur wenige Dekorationen authentisch aussehen, 
  Volants u.ä. aus dem Kleidstoff ausgenommen. 
  ABER: Wenn Du feststellst, daß Dich das Hobby gepackt hat, dann versuche, 
  Dich Schritt für Schritt weiterzuentwickeln. Es ist durchaus möglich, 
  authentische Stoffe halbwegs günstig zu erstehen - man muß nur Augen 
  und Ohren offenhalten und auf gemusterte Stoffe verzichten. Muster werden sowieso 
  ständig überbewertet. Einfarbig, gestreift oder Karo kann auch schön 
  sein. 
2. Ich habe kein Talent fürs nähen.
Nähen ist keine Frage des Talents, sondern der Übung  
  genau wie Lesen, Schreiben und Autofahren. Das haben die meisten von uns ja 
  auch hingekriegt, obwohl jede dieser Tätigkeiten mehr Übung erfordert 
  als nähen. Aber anders als beim Autofahren will beim Nähen kaum jemand 
  die Zeit investieren, es zu lernen, sondern gibt gleich auf, wenn es ihm/ihr 
  nicht in den Schoß fällt. 
  Nähen an sich ist supereinfach, keine Frage: Eine Nadel auf, ab, auf, ab 
  durch Stoff zu stechen, ist nicht gerade eine intellektuelle Herausforderung. 
  Der Intellekt spielt dabei auch gar keine Rolle, sondern die Motorik. Man muß 
  üben, um eine gerade, gleichmäßige, feste Handnaht hinzukriegen, 
  denn die Hand muß erst mal die entsprechende Feinmotorik lernen - ähnlich 
  wie beim schreiben. Für die Nähmaschine gilt ähnliches. Mit dem 
  Auto geradeaus zu fahren ist einfach, aber sind wir nicht alle beim ersten Mal 
  Schlangenlinien gefahren, bis wir ein Gefühl dafür hatten, wie weit 
  man das Lenkrad drehen kann/muß? 
  Schnitte anzupassen, abzuändern oder gar zu entwerfen, ist natürlich 
  etwas ganz anderes. Aber dafür gibt es ja Fertigschnitte!
3. Das ist alles so kompliziert, das schaffe ich nie!
Eine verständliche Reaktion, wenn Du eben erstmals ein Schnittdiagramm 
  angeschaut oder eine Anleitung gelesen hast. Beruhigt es Dich, daß es 
  mir bei noch unbekannten Gewandformen trotz aller Erfahrung genauso geht? Solang 
  man nicht den Stoff in der Hand hat, ist das völlig normal. Das Verständnis 
  kommt oft erst beim zuschneiden, manchmal gar erst beim nähen. Deshalb 
  ist es so wichtig, die Anleitung genau zu lesen: Wenn sie gut ist und 
  Du Dich wirklich daran hältst, kommt selbst dann etwas vernünftiges 
  dabei heraus, wenn Du nicht richtig verstehst, was Du da tust. Im Nachhinein 
  fällt es Dir dann wie Schuppen aus den Haaren, Du sagst "Aha!" 
  und beim Zweitling ist alles ganz einfach. Gefährlich wird es später 
  wieder, wenn Du etwas Übung hast, mit einem ungeduldigen "jaja, weiß 
  ich schon" über die Anleitung hinwegfliegst und dabei wichtige Hinweise 
  übersiehst.
  Wenn es darum geht, flache Schnitteile in ein 3D-Gewand zu "übersetzen", 
  ist dann doch wieder Intellekt gefragt, genauer: Räumliches Vorstellungsvermögen. 
  Auch das kann man üben: Je mehr Du nähst, desto eher ist Dir klar, 
  welche Folgen ein bestimmter Abnäher an einer bestimmten Stelle hat.