Schnittsuche

Schnitte für frühe Contouchen gibt es leider nur wenige. Kein Wunder: Was nicht später umgearbeitet wurde, fiel dem Zahn der Zeit zum Opfer.

Drei habe ich gefunden:

Diagramm X und XI bei Norah Waugh, datiert auf 1730 bzw. 1725-35, sowie einen aus einem Museum in Malmö, datiert auf ca. 1720.

Der schwedische Schnitt wirkt so seltsam, daß ich mich frage, ob diejenige, die den Schnitt gemacht hat, wirklich wußte, was sie da tat. Beim Ärmelaufschlag könnte man noch unterstellen, daß der Schneider damals etwas unkonventionell gearbeitet hat, aber das Armloch ist so groß, daß es einer schlanken Person um die Taille passen und vielleicht sogar noch runterrutschen würde.

Diagramm X von Waugh ist eine Jacke, aber wen stört das schon. 😉 Sie scheint kein Futter zu haben. Diagramm XI (eine Robe) hat ein Futter, das demjenigen ähnelt, das ich in Françaisen einzubauen pflege. Da fühlt man sich doch gleich auf vertrautem Terrain. Der Schnitt soll es sein!

Also den Futterschnitt hervorgeholt, den ich für frühere Françaisen-Projekte hatte abstecken lassen. An der Vorderkante wird diesmal keine Versäuberungs-Zugabe gegeben, weil das Futter in der Vorlage nicht bis zur Vorderkante reicht, sondern sogar noch ein bißchen weggenommen. Dann mache ich das Futter so fertig, wie ich es immer mache. Das ist zwar nicht genau so wie beim Original, aber ich habe festgestellt, daß es alle möglichen Varianten für die Schürung im Rücken gab, unter anderem auch „meine“, die besonders arbeitssparend ist.

Das fertige Futter

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Die Vorbereitungen

Normalerweise geht es ja damit los, daß man eine Idee hat und dann den Stoff sucht. In meinem Fall hingegen war es so, daß ich schon seit längerem mal eine frühe Schlabber-Contouche wollte, ohne, daß es konkret war. In der gleichen Art schwirren zigtausend andere Ideen in meinem Kopf herum – manche weiter vorn, manche weiter hinten, und manche hüpfen winkend auf und ab. Nur ganz wenige schaffen es auf meine Aufgabenliste, die trotzdem immer länger wird.

Wenn ich aber zufällig über einen Stoff stolpere, der nach einer bestimmten Art von Gewand geradezu schreit, dann hat die Idee gute Chancen, auf die Liste zu kommen. Und so lachte mich eines Tages eine Stoffprobe eines Amsterdamer Fachgeschäfts für Repros an und rief: „Sieh, wie groß ich gemustert bin! Ich bin eine frühe Contouche!“

Der Stoff hat einen Rapport von ca. 40 cm in die Quer und 50-60 cm längs. Die ovalen, gelb-roten Blumen sind 6×8 cm groß. Ein solch großes Muster paßt gut ins frühe 18. Jahrhundert – zumindest besser als die eher kleinteiligen Muster, die man sonst so findet, wenn man sie denn findet. Noch besser wäre natürlich ein „bizarrer“ Brokat, wie sie im frühen 18. Jahrhundert so beliebt waren, aber wer kann sich sowas schon leisten?
Der Stoff

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