Kragen

Der Kragen ist nun auch gemacht. Zuerst wollte ich ihn, wie gewohnt, aus zwei Lagen plus steifender Einlage verstürzt zusammennähen.

Glücklicherweise habe ich vorher doch nochmal bei der Vorlage nachgeschaut und festgestellt, daß der Kragen offenbar einlagig, mit breiten Zugaben im Oberstoff, nur von außen angenäht und dann hochgeklappt wurde. Zugaben im Oberstoff des Kragens wurden um den Einlagen-„Kern“ herum nach innen gelegt, ein Streifen Oberstoff mit untergeklappten Kanten auf die Innenseite aufgeheftet und dann mit Saumstichen knapp innerhalb der Kragenkante angenäht.

Eine recht umständliche Methode, aber im 19. Jh. offenbar die gängige. Viel Heftgarn und Stecknadeljonglage sind nötig, wenn der Kragen, wie in meinem Fall, vorne gerundete Ecken haben soll: Die umgelegten Zugaben liegen nicht freiwillig flach!

Hier unten ein Vergleich meines Kragens und des Kragens an einem Original aus den 1880ern, jeweils von innen betrachtet.

Mein Kragen Der originale Kragen

Veröffentlicht unter Schoko-Tournüre | Hinterlasse einen Kommentar

Schnitt-Ärger

Als es daran ging, die Ärmel einzusetzen, wurde ich ziemlich überrascht: Der Ärmel war bestimmt 25 cm zu weit für das Armloch. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Ärmelkugel eingehalten oder gar -gereiht wird, ist das viel zuviel. Eine Anprobe des Ärmels ergab, daß er am Oberarm ca. 6 cm zu weit war. Dafür saß die Ärmelnaht nicht oben auf der Schulter, sondern halb auf dem Arm.

Ergo mußte der Ärmel enger werden, die Ärmelkugel kleiner und die Schulterpartie schmaler (und mithin das Armloch größer). Glücklicherweise hatte ich gerade jemanden zur Hand, der sich auskennt, und konnte den Ärmel bei einer Anprobe anstecken lassen, anstatt das neue Armloch Pi mal Auge abschätzen zu müssen.

Der Ärmel ist nun oben 6 cm enger, unten 3 cm. Von der Ärmelkugel habe ich ca. 4 cm abgeschält, und wie das neue Armloch verläuft, seht ihr unten:

Armloch, neu

Und schon paßt der Ärmel auch. Jetzt werde ich wohl die schon versäuberten Zugaben im Ärmel nochmal zurückschneiden müssen.
Ich frage mich, was der Schnittersteller sich dabei gedacht hat. Daß der Ärmelansatz eher auf dem Arm als auf der Schulter saß, war 1884 (darauf ist der Schnitt datiert) schon 15 Jahre her. Puffärmel waren nicht in Mode, und schon gar keine, die um den Arm schlabbern. Ärmel so einzusetzen, daß es gut aussieht, erfordert einiges näherisches Können, und ausgerechnet da läßt einen der Schnitt im Regen stehen.

Veröffentlicht unter Schoko-Tournüre | Hinterlasse einen Kommentar

Draperie

Neben der Versäuberei mußte noch die Draperie entworfen werden. Da ich nur Bilder hatte, aber keinen Schnitt, mußte ich mir die Draperie irgendeines anderen Schnittes nehmen und so lange probedrapieren, bis es paßte.

Die meisten Schürzendraperien mit nach unten weisender Spitze waren mehr oder minder asymmetrische Fünfecke. Damit fing ich an.  Ich habe, glaube ich, drei Probeteile gemacht und immer wieder anders gesteckt, bis ich endlich – nach mehreren Stunden – zufrieden war. Das Ergebnis war ein Fünfeck, das noch asymmetrischer war als das Anfangsteil: Da ist einfach nur alles schräg.

Erste Draperie-Probe, vornErste Draperie-Probe

Veröffentlicht unter Schoko-Tournüre | Hinterlasse einen Kommentar

Eine langwierige Taille

Nun mußte erstmal die Taille versäubert werden. Drei authentische Möglichkeiten gibt es:

  1. Kanten gegeneinanderschlagen und aneinandernähen
  2. Kanten offen lassen, überwendlich zusammennähen
  3. ein schmales Seidenband um die Kanten legen

2. ging nicht, weil der Satin für offenkantige Verarbeitung zu sehr franst. Für 3. hatte ich kein Seidenband, bzw. nicht genug davon. Also 1. Dann noch eine Paspel an der Vorder- und Unterkante lang (mit einer Zwischeneinlage darin), Schlitzenden sichern… Wegen des flutschigen Stoffes dauerte dieser Vorgang gut zwei Wochen. Die Zeit wurde mir ganz schön lang.
Versäubern Taille, innen, versäubert

Veröffentlicht unter Schoko-Tournüre | Hinterlasse einen Kommentar

Ein schokoladenbraunes Tournürenkleid

Ich weiß nicht genau, wann ich mir vorgenommen habe, ein Tournürenkleid zu machen. Es muß aber spätestens 1998 gewesen sein, denn ich weiß definitiv, daß ich mir den Stoff dafür im März 1999 gekauft habe. Und zwar in der Arab Street in Singapur. Seither liegt er in meinem Stoffregal und wartet, wartet, wartet.

Es ist ein seidener Crêpe Satin in einem leckeren Vollmilch-Schokoladen-Ton. Ich war eben jung und wußte es nicht besser. 😉 Heute würde ich einen solchen Stoff nicht mehr kaufen: Für historische Nähprojekte ist dieser Stoff einfach zu flüssig. Glitschig gar. Den Futterstoff immerhin wählte ich erst kürzlich aus, nachdem ich erfahren hatte, womit man damals Taillen und Röcke fütterte: Baumwollchintz.

Als Schnitt diente einer von Truly Victorian, der wie alle Ami-Schnitte die Nahtzugabe schon intus hat. Natürlich traute ich ihm nicht und tat auch gut daran, denn die Schnittmacher berücksichtigen meist nicht, daß man bei großen Größen viel mehr wegschnüren kann als bei kleinen und mittleren. Besonders im Vorderteil wurde beim Abstecken die Taille noch um einiges kleiner gesteckt.

Ich schnitt die Teile zuerst aus Chintz zu. Dann legte ich den Seidenstoff entlang der Linien des Parketts aus, um sicherzustellen, daß der Stoff auch wirklich gerade und glatt liegt. Ich legte die Chintz-Teile darauf aus, steckte sie vorsichtig fest, um den Seidenstoff nicht zu verziehen, und schnitt die Seide ein wenig größer aus als den Chintz, weil ich wußte, daß der Satin fürchterlich fransen würde.

Dann heftete ich Futter und Oberstoff jedes einzelnen Teiles entlang der Außenkanten zusammen, um zu verhindern, daß sie sich gegeneinander verschieben. Schließlich nähte ich die einzelnen Schnitteile, Oberstoff und Futter jewels wie eine Schicht, mit der Maschine zusammen, wie man es auch im 19. Jh. machte.

taille_au�en11.jpgTaille, innen, vor dem versäubern

Veröffentlicht unter Schoko-Tournüre | Hinterlasse einen Kommentar

Nähpause

Die Einzelteile der Robe – Vorder- und Rückenteile sowie Rock-Keile – sind mittlerweile zusammengenäht. Die Ärmel sind noch nicht mal zugeschnitten. Trotzdem muß ich die Robe erstmal weglegen, weil ein anderes Projekt zu einen früheren Termin fertigwerden muß: Ein Tournürenkleid.

Veröffentlicht unter 1730er Contouche | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Nummer eins lebt

Zum schreiben kam ich nicht, weil ich mit Stricken beschäftigt war. Und mit anderem.

Jetzt ist der erste Strumpf fertig und der zweite angefangen. Anfangs hatte ich vorgehabt, die Sohle ganz normal, wie in „Costume Close Up“ beschrieben, einzeln zu stricken und einzunähen. Bei einer Unterhaltung kam mir aber die Idee, die Sohle an die fertig zusammengenähte Ferse anzustricken, was ich dann auch tat. Das war zwar ein fürchterliches Rumgebaumel mit dem fertigen oberen Fußteil, aber das Ergebnis ist befriedigend.

Eines finde ich im nachhinein nicht gar so befriedigend: Der andersfarbige Zwickel ragt nur wenig über den Rand eines geschlossenen Schuhs hinaus, so daß man ihn kaum sieht. Aber da das nun passiert ist, muß uch den zweiten Strumpf natürlich ebenso machen – was mich praktisch zwingt, noch ein Paar zu stricken. Dumm gelaufen.

Strumpf Nummer einsDer Zwickel

Veröffentlicht unter Strümpfe | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Der Anfang

Das Material: Schachenmayr nomotta Merino in hellblau – die einzige auffindbare Strickwolle, die wirklich aus 100% Wolle ist. Wenn ich schon Strümpfe stricke, dann sollen sie auch richtig A sein. Den Erfahrungswerten bei den vorhandenen Strümpfen nach sollten fünf Knäuel à 50g reichen. Ich glaube es ja nicht ganz, aber wir werden sehen. Empfohlen werden Nadeln Stärke 3-4, also nehme ich 3, damit die Maschen nicht zu lose werden. Es sollen ja keine Schlabberstrümpfe werden.

Der Anschlag und die ersten Maschen fühlen sich ziemlich seltsam an. Einen kleinen Rest des rechtshändigen Strickens scheine ich auch nach so langer Zeit noch im Blut zu haben (so, wie man Radfahren irgendwann ganz automatisch intus hat), und der wehrt sich. Aber nicht lange. Schon nach 10, 20 Reihen geht es flüssiger als ehedem, als ich richtig in Übung war. Erstaunlicherweise macht es mit der Zeit sogar Spaß.
Die ersten 6 Reihen werden 2R/2L gestrickt, dann geht es glatt rechts weiter. Nach weiteren 15 Reihen fange ich an, alle 10 Reihen an jedem Ende eine Masche abzunehmen. Dann muß ich – anders als beim Musterstrumpf – wieder zunehmen, der Wade wegen. Aber nur dreimal jeweils zwei, dann ist die dickste Stelle erreicht und es geht erstmal geradeaus weiter.

Die Anfänge

Veröffentlicht unter Strümpfe | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Alt und doch neu

Nachdem meine alten Strickstrümpfe so langsam anfangen, kaputtzugehen, wage ich mich jetzt doch ans selberstricken. Sind ja nur ungefähr 20 Jahre, in denen ich nicht mehr gestrickt habe. Und damals war das noch rechtshändig. Diesmal wird, ganz klar, linkshändig gestrickt – das bedeutet zwar, daß ich es praktisch ganz von vorne lernen muß, aber mit der falschen Hand käme ich erst recht auf keinen grünen Zweig. Das hat schon damals nicht geklappt und mir nur verkrampfte Pfoten eingebracht.

Als Vorbereitung habe ich erstmal die entsprechende Webseite um die neuesten Erkenntnisse aktualisiert und den alten Strumpf analysiert. Den hatte mir ein netter Mensch mit Hilfe des Schnittes in „Costume Close Up“ gestrickt.

Seit ich Silvester im Bayerischen Nationalmuseum eines handgestrickten Strumpfes angesichtig wurde, habe ich die fixe Idee, meinen genauso zu machen, nämlich mit weit hochgezogenem Zwickel. Kann ja nicht sein, daß ich erstmal wieder richtig stricken lerne, bevor ich mich an fortgeschrittene Sonderlocken wage. Aber nicht doch! 😉 Bis ich mich von oberhalb des Knies bis runter zum Fuß gearbeitet habe, werde ich schon genug Übung haben.

Veröffentlicht unter Strümpfe | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Erste Schritte

Bei der Robe fange ich auch erstmal mit dem Vertrauten an:

Einmal Körpergröße abmessen für die eine Hälfte des Rückenteils, einschneiden und – ratsch! Und dann nochmal für die zweite Hälfte. Und nochmal, etwas weniger diesmal, für die beiden Vorderteile. Die Bahn für die Vorderteile schneide ich entlang des Stoffbruchs auseinander.
 
Jetzt muß ich erstmal herausfinden, wo bei dem Stoffmuster oben ist und wo unten. Bei früheren Projekten habe ich schon mal versehentlich das Muster auf einer Seite kopfstehen lassen. Das sieht man zwar normalerweise gar nicht, aber es muß ja nicht sein. Die Blüten schauen mal nach oben, mal nach unten, aber die Stengel haben eine recht eindeutige Tendenz. Ich markiere also bei jeder Stoffbahn das obere Ende mit einer Nadel in der Ecke.
 
Im Rückenteil 80 cm für die Falten abmessen (auch wieder das gewohnte Maß, eher etwas mehr, weil bei den frühen Contouchen die Rückenfalten tendenziell breiter sind), den aus früheren Française-Projekten gewohnten Schnitt auflegen und danach Armloch und Seitennaht anzeichnen. Schnitt weglegen und den Rockteil waagerecht weiterzeichnen.
 
Zuschnitt des Rückenteils
Nun ist wieder etwas anders als gewohnt: Bei den frühen Schnitten werden die Rockteile nach unten weiter. Also geht es nach einem relativ kurzen waagerechten Stück schräg auswärts weiter. Die Stoffbreite reicht nicht für die ganze Schräge, aber das macht nichts: Stückeln war ja damals üblich.
 
Aus dem, was ich oben entlang der Seitennaht und der oberen Hälfte der Schräge wegschneide, kann ich einen Keil schneiden, der unten angesetzt wird. Der muß dann zwar von Muster her kopfstehen, aber wie gesagt: Das fällt nicht weiter auf. Schon gar nicht bei so einem kleinen Stück, so weit unten. Die gleiche Technik wird bei einer Chemisen-Schnittvariante angewendet.
 
Daß die Rückenteile aneinandergenäht werden, ist auch klar.

Veröffentlicht unter 1730er Contouche | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar