Ein Geldstrumpf des 19. Jh.: Vorbereitungen

Vor allem aus dem mittleren 19. Jh. haben sich viele Geldstrümpfe (aka Geldkatzen) erhalten, die meistens gehäkelt sind und oft mit eingearbeiteten Stahlperlen verziert. Ich liebe Stahlperlen und überhaupt Zierobjekte aus facettiertem Stahl! Seit ich das Seidengarn in knopflochseidenstärke beim Wollschaf gefunden und daraus ein Schirmdach gestrickt hatte, wollte ich unbedingt mal einen Geldstrumpf daraus stricken, zumal meine antiken Teile zu klein zum benutzen sind: Mehr als zwei Finger passen nicht hinein, und selbst dann besteht die Gefahr, daß die Seide reißt. Und dann haben die Stahlperlen an der einen auch noch Rost.

Daß das Garn naturgefärbt sein mußte, war klar. Dunkelblau oder Dunkelrot? Aus irgendeinem Grund entschied ich mich für Rotholz. Das habe ich wohl überdosiert, denn die Farbe wurde wie bei diesen tonnenschweren Weinen, die nicht umsonst vino tinto heißen. Was eigentlich nicht verkehrt war, aber nach dem tausendsiebzigsten Spülgang, als das Wasser nur noch schwach rosa war, ähnelte die Farbe eher einem deutschen Trollinger von vor dem Klimawandel, mit einem allzu starken Schuß Magenta. Ich habe dann mit schwach dosiertem Krapp überfärbt, dann war die Farbe richtig: wie frisches Blut.
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Stahlperlen, egal ob facettiert oder glatt, Edelstahl oder rostend, werden offenbar gar nicht mehr produziert, und auch keine, die so aussehen als ob. Es ist auch nahezu unmöglich, im deutschsprachigen Internet eine Suchanfrage zu stellen, mit der man das Richtige findet. Leichter geht es mit englisch “cut steel beads”; auf diese Weise fand ich immerhin silberfarbene Rocaillen in der richtigen (sehr kleinen) Größe – auch die ist eine Herausforderung, denn im 19. Jh. hat man mit Garn- und Nadelstärken gestrickt, die heutigen StrickerInnen eher Angst machen, und so sind auch die heutigen Perlen im Vergleich ziemlich plump. Mit dem Markennamen der Rocailles hätte ich dann nochmal deutsche Händler abgesucht, jedoch fand die Suchmaschine auch Hits auf Etsy… und siehe, dort findet man mit “Victorian cut steel beads” das echte Zeug. Manchmal jedenfalls.

So wurden Perlen früher mal verkauft. Ca. 1200 Stück in einem Büschel.

So wurden Perlen früher mal verkauft. Ca. 1200 Stück in einem Büschel.

Das alles lag dann erstmal eine Weile herum und reifte.

Die Logik und die Bücher sagen übereinstimmend, daß vor dem stricken alle benötigten Perlen auf das Garn gefädelt werden müssen. Wie macht man das, wenn das Loch etwa den gleichen Durchmesser hat wie das Garn? Wenn also kein Nadelöhr, das groß genug für das Garn ist, zusammen mit 2 Enden dieses Garns hindurchpaßt? Ich dachte daran, einen sehr dünnen Draht in ein Ende des Garns hineinzuflechten, aber das scheiterte an der hartnäckig anhaltenden Abwesenheit geeigneten Drahtes.
Die Lösung: Ein Ende mit Sekundenkleber einstreichen. Dadurch wuchs der Durchmesser des Garns, so daß ich mit einer Nagelfeile wieder etwas abschleifen mußte, aber dann hatte ich eine hinreichend harte und dünne Spitze. Später habe ich dazugelernt: Das Garn war 2fach gezwirnt; einen der beiden Stränge habe ich vor dem einleimen entfernt. Die Spitze sollte auch nicht zu lang sein. 3 cm ist das Maximum.
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