Cochenille

Vor einer halben Ewigkeit hatte ich mit 200 Jahre alten Kosmetik-Rezepten experimentiert und aus dieser Zeit noch ganze Cochenille-Läuse und Zinn(II)chlorid (=Zinnchlorür) übrig. Ein paar Stränge Wolle waren auch noch übrig. War ja klar, was kommen mußte. Gelb, Oliv oder Schmutzigbraun färbt jedes zweite Unkraut, aber klares Rot (Krapp), Blau (Indigo) und Violett bzw. Scharlach (Cochenille) zu färben, das ist wirklich spannend.
 
Ich hatte einmal ein Buch aus dem 19. Jh. gelesen, in dem es hieß, man könne auf einem Stück Stoff verschiedene Rottöne erzeugen, indem man den Stoff mit verschiedenen Beizen bedruckte – u.a. mit Alaun, Zinnchlorür und Eisenvitriol. Das Buch bezog sich auf Krapp, aber… Ich beizte die drei verbliebenen Wollstränge mit eben diesen Beizen (Alaun ca. 10%, Zinn ca. 4% und Eisenvitriol ca. 4%) und wusch sie danach aus, weil ich gelesen hatte, daß Überschüsse an Beize sich vom Stoff lösen, sich mit dem Farbstoff verbinden und als Farblack ausfallen, so daß der so gebundene Farbstoff sich nicht mehr an den Stoff anlagern kann. Leider habe ich die alaun- und die zinngebeizte Wolle später durcheinandergebracht. Die eisengebeizte war hingegen leicht wiederzuerkennen, weil sie im Beizbad eine hellorange Farbe annahm. Obenrein roch sie nach metallisch. Rostige Wolle…

Wolle im Eisenvitriol-Beizbad

Wolle im Eisenvitriol-Beizbad


 
Den Rezepten zufolge, die ich im Internet fand, ist Cochenille ähnlich ergiebig wie Indigo. Ich zermahlte also in einem Mörser ca. 30 g (=10%) Läuse.
Cochenilleläuse vor dem Zermahlen

Cochenilleläuse vor dem Zermahlen

 
Die Läuse werden beim Zermahlen schon ziemlich rot

Die Läuse werden beim Zermahlen schon ziemlich rot


 
Die zermahlenen Läuse übergoß ich mit einigen Litern warmen Wassers, ließ sie über nacht stehen und erhitzte sie am nächsten Tag kurz bis zum sieden. Dann goß ich so viel heißes (ca. 60°) Wasser auf, daß sich ein Sud von ca. 7-8 Litern ergab, und legte die drei Wollstränge ein. Hin und wieder rührte ich um, aber im großen und ganzen ließ ich die Wolle einfach mit dem Sud auskühlen. Nach ca. 1 Std. nahm ich die Wolle heraus, spülte sie mehrfach, hängte sie in die Sonne zum trocknen – und weil ich das Gefühl hatte, daß der Restsud noch Potential hatte, warf ich noch einen Strang fleckiger Krapp-Indigo-Überfärbung und einen Strang alaungebezter Wolle hinein, der sich noch gefunden hatte, und wärmte das Ganze noch einmal auf. Ich glaube, daß die Krapp-Überfärbungen dadurch etwas harmonischer wurden.
 
Im folgenden Bild wird nicht deutlich genug, wie sehr sich die Farbtöne der alaun- und der zinngebeizten Wolle unterscheiden – die eine hat die Farbe noch nicht ganz reifer Himbeeren, die andere die Farbe überreifer Himbeeren. Wie gesagt weiß ich nicht mehr, welche davon die Zinn- und welche die Alanbeize abbekommen hat. Im Bild von links nach rechts: Zweiter Zug (Alaun), erster Zug (Zinn und Alaun), erster Zug (Eisenvitriol, sieht im Foto dunkelgrau aus, ist aber dunkelpurpur).
Ergebnis der Cochenille-Färbung

Ergebnis der Cochenille-Färbung

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