Krapp auf Leinen

Nun also der Versuch, das Leinen dreifach zu beizen: Erst mit Alaun (ca. 15%) und Soda, dann mit Gerbsäure und dann wieder mit Alaun und Soda.
Woher aber die Gerbsäure nehmen? In Tee ist bekannt lich viel drin, aber der macht braun. Eichenrinde und Walnußschalen dito. Essigbaum könnte gehen… Ich erntete also die Blätter eines verwilderten Essigbaums ab und beizte das Leinen darin. Leider habe ich vergessen, ein Foto davon zu machen, wie das Leinen danach aussah: Scheußlich. Ein kränkliches, fleckiges Grünlichgelb. Gottseidank ging das meiste davon beim Waschen wieder raus, und die Flecken waren nach dem Färben nicht mehr zu sehen. *puh*
 
Uns so sieht dreifach bebeiztes Leinen nach der Krappfärbung aus – im Hintergrund zum Vergleich das einfach gebeizte:
Krappgefärbtes Leinen: Rechts im Original, links durch Auskochen in Seifenwasser "geschönt"

Die Aktion war also durchaus erfolgreich, auch wenn das Ergebnis noch lange kein Türkischrot ist. Es bleibt aber auch festzuhalten, daß dreimaliges Beizen, gefolgt von dreimaligem Waschen, ein ganz schön hoher Aufwand ist. Obendrein muß die Färbeflotte mit etwa doppelt so viel Krapp angesetzt werden wie beim Färben von Wolle.
 
Damit dürfte klar sein, daß buntes Leinen in leuchtenden Farben für alles vor dem mittleren 19. Jahrhundert, also vor Erfindung der chemischen Farben, mit allergrößter Vorsicht einzusetzen ist: Es war zwar technisch möglich, aber so aufwendig, daß solche Stoffe ziemlich teuer gewesen sein dürften. Nicht umsonst war Türkischrot im 18. Jh. heiß begehrt und die Technik, solches zu Färben, ein wohlgehütetes Geheimnis. Nur Braun (Walnuß, Eichen- und andere Rinden) und Blau (Waid, Indigo) wären für einfaches Volk erschwinglich gewesen, und letzteres auch wieder nur in Maßen.

P.S. Ich vergaß zu erwähnen, warum sich die zwei Streifen im Bild unterscheiden. Der bläulichere davon wurde in Seifenlauge ausgekocht (siehe voriger Beitrag in dieser Kategorie), der andere ist “natur”.

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