Neueste Nachrichten 3: 1914 (schon wieder)

Noch vor dem marineblauen Sommeranzug hatte ich einen Winteranzug angefangen, den ich eigentlich im Januar 2014 zur Belle-Epoque-Woche in Kandersteg tragen wollte, aber dann kam etwas dazwischen. Als der Hausball von Victorias Enkeln in Franzensbad mangels Anmeldungen in ein legeres Wochenende in Bad Elster umgewandelt wurde und somit die Begrenzung auf 1870-1890 wegfiel, war der Anwendungsfall gegeben. Continue reading

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Neueste Nachrichten 2: 1914

Kaum war 1814 auf den letzten Drücker fertig, mußte das nächste Projekt im Eiltempo fertig werden: ein Sommeranzug von 1914. Der Schnitt dazu stammt aus einer spanischen Modezeitschrift, von der die spanische Nationalbibliothek ganze Jahrgänge als Digitalisat zur Verfügung stellt.

Vor 150 Jahren, 1864, begann der Wintersport in St. Moritz. Eins der altehrwürdigen Grand Hotels hat deswegen ein paar Veranstaltungen mit historischem Thema aufgelegt und wollte Victorias Enkel als lebende Deko und für eine historische Modenschau haben. Der 1914er Anzug war allerdings nicht für die Modenschau, sondern für den Rest der Zeit, die wir dort verbrachten. Continue reading

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Neueste Nachrichten 1: 1814

Es ist ja nun schon eine Weile her, daß ich hier über meine Projekte berichtet habe. Aber nicht, weil es nichts zu tun gäbe, sondern im Gegenteil, weil ich vor lauter nicht zum schreiben komme. Daran wiederum bin ich selber schuld, weil ich mittlerweile recht viele nicht-historische Projekte laufen habe, von denen ich mich so schlecht lösen kann, daß ich immer erst kurz vor Termin mit den anstehenden historischen beginne.

Im Juni war eine Museumsbelebung mit Thema 1814, für die ich eigentlich nichts anzuziehen hatte. Da mußte mal ganz schnell ein Empire-Mieder her, d.h. eine besonders kurze Variante des Mieders, das auch zur Biedermeiertracht gehört. Und es mußte zu einem meiner bereits vorhandenen 1800er Kleider passen. Das hatte Braun als Grundfarbe, dazu Weiß, Hellblau und Rot. Als Oberstoff diente ein dünner, leicht melierter Wollstoff, den ich mit Indigo hellblau gefärbt hatte. Die Stabtunnel steppte ich mit braunem Leinengarn. In der Kombination wirkte das dann etwas jeansartig.

Die Miederhaken und die Erbskette hatte ich noch herumliegen, und das Futter war, wie konnte es anders sein, ein Rest des Kleides.
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Zur Herstellung gibt es nichts besonderes zu berichten, das nicht schon in den diversen Berichten zu Trachtenmiedern stand. Nur, daß ich den Schnitt, den ich auch fürs Biedermeier benutzt hatte, um einige Zentimeter gekürzt habe, um auf die Empire-Linie zu kommen. Da ich einmal ein Original aus der Zeit in der Hand gehabt hatte, kannte ich die Machart dieser kurzen Mieder und wußte, daß sie sich von den späteren biedermeierlichen fast nur durch die Länge unterschieden.

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Endlich mal ein guter Film über mein Hobby!

In den letzten Jahren gab es ja immer wieder mal Reportagen über Geschichtsdarstellung, und fast immer kommen die Hobbyisten mehr oder weniger als Spinner rüber, was oft auch an der Auswahl derer liegt, die da – man kann es nicht anders sagen – vorgeführt werden.

Entsprechend vorsichtig war ich auch, als letztes Jahr eine Dame vom BR bei mir aufschlug, die einen Film über Darstellung des 18. Jh. machen wollte. Diese Woche lief er nun im Fernsehen und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

In der Mediathek des BR: Lebendige Geschichte

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Schnitt von einem Original abnehmen: Nochmal von vorn

Gerade bin ich dabei, die Beschreibung der originalen Schnürbrust zu verfassen. Beim Betrachten der Fotos fallen mir viele Dtails auf, die ich vor Ort gar nicht bemerkt hatte – vielleicht wegen der vielen gleichzeitigen Eindrücke, vielleicht aber auch, weil zum Teil die Ausleuchtung Schatten wirft, die manche Details sprichwörtlich ein anderem Licht erscheinen lassen. Als ich gerade herausfinden wollte, ob die Zaddeln nun angeschnitten oder angesetzt sind, traf es mich:
 
Ich bin ja so doof!
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Ein neues Nadelheft

Vor einiger Zeit ist mir ein ziemliches Malheur passiert: Ich hatte eine Bargello-Brieftasche in Arbeit, auf richtig feinem Zählstoff (dem feinsten, den es im Laden gab), und als sie halb fertig war, fand ich Mottenbefall auf dem Stickgarn. Also steckte ich das Ganze nach dem Brotbacken in den Ofen, um die Nachwärme zu nutzen. Was ich nicht bedachte: Das Backblech war noch brüllheiß. Das merkte ich erst, als es schmorig zu riechen anfing. *seufz*
Teile der fertigen Stickerei waren verkohlt, und wo ich noch nicht gestickt hatte, war der Trägerstoff z.T. zu brüchig, um noch darauf zu sticken.
 
Ungefähr zwei Jahre lang habe ich das Teil in einer Ecke versteckt, um es nicht mehr anschauen zu müssen. Jetzt im Weihnachtsurlaub fühlte ich mich endlich in der Lage, dem Elend ins Auge zu blicken und wenigstens die noch stabilen Teile so weit zu besticken, daß es für ein Nadelheft reicht. Das alte, grobschlächtigere Bargello-Nadelheft nämlich war bei der gleichen Gelegenheit verbrutzelt. ;-(

Das alte und das neue

Das alte und das neue


Ach ja: Das Stickgarn und das Kantenband sind natürlich selber gefärbt. Und das Muster findet sich so pder ähnlich auf diversen Brieftaschen des 18. Jahrhunderts, z.B. bei Vintagetextile oder hier. Letzteres war meine Vorlage.

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Schnitt von einem Original abnehmen: Weiterverarbeitung

Mit den Abpausfolien und einem Packen Fotos glücklich und enthusiasmiert zuhause angekommen, war die nächste Aufgabe, den Schnitt auf Papier zu übertragen und ins Reine zu zeichnen. Wenn ich den Schnitt im Web zur Verfügung stellen will, muß ich ihn obendrein zu einem Koordinatenschnitt verkleinern.
 
Daheim kann ich endlich wieder auf dem Teppich feststecken. 🙂 Also: Packen Zeitungspapier (für das Folgende ist der Teppich allein zu weich), Packpapier drauf, Folie mit der Zeichnung drauf, am Teppich feststecken – und von der Folie aufs Packpapier durchradeln. Und zwar alles: Umriß, Nahtverlauf, Stückelnähte, Umrisse der Lederbesätze, Ansatznaht des Belegstoffs, Position der Schnürhaken, Tunnelverlauf, Fadenlauf. Dann mit Filzstift die perforierten Linien auf dem Packpapier nachzeichnen, und zwar mit verschiedenen Farben für die verschiedenen Arten von Objekten: Schnitteil-Umrisse in schwarz, Stückelnähte in hellblau etc., sonst verliert man schnell den Überblick.
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Schnitt von einem Original abnehmen: Abpausen

Dieser Tage hatte ich eine jener Gelegenheiten, nach denen sich wohl jeder Kostümer die Finger abschleckt: Ich durfte den Schnitt von einer originalen Schnürbrust abnehmen. Leider fiel mir erst hinterher ein, daß das ja eigentlich auch ein dokumentierwürdiges Projekt ist, so daß es vom Schnittabnehmen selbst keine Bilder gibt.
 
Wie nimmt man den Schnitt von einem Originalteil ab, ohne ihm Schaden zuzufügen? Bei den meisten Schnürbrüsten ist das relativ einfach, weil man sie flach hinlegen kann. Auch die Nähte sind sehr oft schnurgerade. Das ist einfach. Die Schürbrust, die es mir angetan hatte, ließ sich nicht flach auflegen: Die Schulterteile sind ausgesteift und so in Form gebracht, als ob sie sich um eine Schulter schmiegten. Und auf den Zaddeln sind kleine Wülste befestigt.
 

Der Träger steht vol allein

Der Träger steht vol allein

Flach auflegen? Ein frommer Wunsch!

Flach auflegen? Ein frommer Wunsch!


Meine Methode sieht so aus: Einen dicken Packen großer Zeitungsseiten auf den Tisch legen, als Unterpolsterung. Darauf eine Lage sauberes Seidenpapier, damit keine Druckerschwärze an das gute Stück kommt. Darauf die Schnürbrust, die dort, wo es nötig ist, von zerknülltem Seidenpapier gestützt wird. Darüber wird ein Stück durchsichtiger Folie gelegt; besonders geeignet und günstig finde ich Malerfolie “extra stark” aus dem Baumarkt. Um das Objekt herum wird die Folie fixiert, indem man Stecknadeln schräg in die Zeitungspapier-Unterlage steckt. Je dünner die Unterlage, desto schräger: Der Kopf sollte nicht zu weit hervorstehen, damit man nicht mit dem Ärmel die Nadel unbemerkt wieder herausreißt, und die Nadelspitze sollte den Untergrund nicht zerkratzen. Continue reading

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Fertig

Die Übung mit dem Lahn muß tatsächlich geholfen haben, denn der Rest der Brieftasche ging erstaunlich schnell.

Das Stickvlies war von der Sorte, die sich in Wasser auflöst. Die Stickerei hat das gut überstanden. Zum trocknen habe ich das Ganze wieder in den Stickrahmen gespannt, damit es sich nicht wellt. Dann habe ich die Rückseite eingeleimt und damit gleich ein Stück kräftiges Papier angeklebt, zur Versteifung. Das Innere sollte, wie bei den Originalen, die ich kenne, aus zwei Fächern bestehen, also brauchte ich eine steife Trennwand. Dafür habe ich vier Lagen jenes kräftigen Papiers miteinander verklebt.
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Frisch abgestaubt

Das letzte Teil des Mieders muß nun darauf warten, daß ich wieder Goldgespinst für die Umrahmung der Tunnel bekomme. Aber weil ich grad so schön in der Übung war mit Lahn-Domptieren (das Zeug ist ganz schön widerspenstig), habe ich ein Projekt wieder hervorgeholt, das ich für längere Zeit auf Eis gelegt hatte:

Der derzeitige Stand

Der derzeitige Stand


 
Eine Brieftasche in Seiden- und Silberstickerei auf cremefarbenem Duchesse Satin. Der 20 cm breite Streifen Satin hat mich damals fast 20 € gekostet, das muß man sich mal vorstellen! Und das Seidenfilament in jeweils vier Grün-, Rot-, Blau- und Gelbtönen kam nochmal auf… ach, hab ich verdrängt, um meine geistige Gesundheit zu schützen. Schweineteuer jedenfalls.
 
Die Vorlage hatte ich bei einem US-Antiquitätenhändler gefunden. Das Original trug unter der Klappe die gestickte Inschrift “Constantinople 1766”, war also vermutlich ein Souvenir. Die Türkei war im 18. Jh. recht bekannt für kunstvolle Stickereien, eine bestickte Brieftasche also ein naheliegendes Mitbringsel von der Grand Tour. Ich werde die Inschrift weglassen, schließlich stammt meine nicht aus Konstantinopel. 😉
 
Ähnliche Teile hat das Museum of Fine Arts in Boston und Colonial Williamsburg (such nach Nummer 1990-3). Im Vergleich mit diesen beiden (die ich damals noch nicht kannte) habe ich mir offenbar gleich das filigranste Examplar ausgesucht, das zu haben war. Typisch. Wenn’s einfach wär, könnt’s ja jeder, gell?

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