Kette Leinen, Schuß Wolle

Heilig’s Blechle, vor lauter weben und nähen habe ich ein Jahr schon nichts mehr gepostet!

Dabei habe ich in der Zwischenzeit sogar historisches gewebt, nämlich karierte Leinenstoffe nach Stoffproben aus dem 18. Jh. Da war allerdings nichts außerordentlich spannendes oder speziell historisches daran, außer eben, daß jeweils exakt dieses Karo historisch nachweisbar war.

Aber mein jetziges Projekt ist etwas spannender. Ich muß allerdings ein wenig ausholen.

Aus der englischsprachigen Literatur zum 18. Jh. kenne ich einen Stoff namens linsey-woolsey, bestehend aus Leinenkette und wollenem Schuß. Er wird als eher grob, einfach beschrieben, ein Stoff für arme Leute. Aber andererseits wurden Bettvorhönge daraus gemacht, das klingt gar nicht so einfach und sieht auf Fotos erhaltener Stücke auch nicht sonderlich grob aus – manche Exemplare aber schon.
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Direkt zetteln

Wie in dem Eintrag über die Montage einer Direktzetteleinrichtung schon gesagt: Es gibt nicht viel an guten Infos zum Thema. Und dann sind auch noch alle Fadenführgeräte verschieden. Wie genau man die Fäden da durch führt, vor allem mit Längenzähler, erschließt sich so ganz ohne Hilfe höchtens nach sehr viel nachdenken und experimentieren.

Am wertvollsten waren Helgas PDF zum Thema und ein Bild des Künzlschen Geräts in deren Katalog.

Klar ist schon mal, daß man die Kettfäden auf so viele Spulen verteilen muß, wie man pro Sektion braucht, und da eine Sektion normalerweise 2 cm breit ist, ist das das doppelte der Fadenzahl pro Zentimeter. Deshalb hatte ich die Spulengestelle gebaut.

Bei meinen Handtüchern sollten 12 Sektionen in der Mitte weiß sein, dazu eine an jedem Rand, also insgesamt 14. Die geplante Fadendichte ist 13F/cm. Ich brauchte also 26 Spulen mit je 14x errechnete Kettlänge (8 m), macht 112 m. Bei einer Garnstärke von 16/2 hat ein Gramm eine Lauflänge von 8 m. 112/2=14. D.h. 14 Gramm Garn pro Kettspule. Continue reading

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Schnürbrustfutter 4 — fertig

Nach dem Abweben mußte das Schnürbrustfutter drei Tage wässern. Die Kettfäden, die sich zu Dreiergruppen zusammengeschoben hatten, weil sie zu dritt durch das Riet gezogen waren, verteilten sich dabei allmählich wieder gleichmäßig. Ich denke, das ist einer der Gründe für das lange Wässern.schnurbrustfutter-1 Continue reading

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Spulengestell bauen

Wenn man eine Direktzetteleinrichtung hat, braucht man doppelt so viele Spulen voller Kettfäden, wie man Fäden pro cm geplant hat. Bei meinen Web-Gewohnheiten bedeutet das nicht unter 20 Spulen und in näherer Zukunft bis zu 40. Zu kaufen gibt es entsprechende Spulengestelle für ca. 240 €. Aber diese Gestelle sind eigentlich recht einfach gebaut, das müßte man doch selber…? Continue reading

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Direktzettel montieren

Das Schnürbrustfutter ist seit gestern abgewebt und muß nun noch 1-2 Tage wässern, bevor es in die Kochwäsche geht. Über meine Erfahrungen mir meiner ersten Leinenkette werde ich berichten, wenn das Endergebnis vorliegt.

In der Zwischenzeit hatte ich eine Direktzetteleinrichtung geordert. Das ist zwar teuer (v.a. das Fadenführgerät), aber wenn ich bedenke, wie lange ich jedesmal am Schärrahmen stehe und wieviel Arbeit es mich gekostet hat, wenn sich ein Kettzopf doch mal verheddert hat, dann ist es das wert.

Im Vorfeld hatte ich schon mal nach Anleitungen gesucht, wie man den Direktzettel montiert, auf deutsch und englisch, Google, Youtube und Ravelry. Das Ergebnis war nahezu null. Via Ravelry fand ich den Hinweis, daß es bei Leclerc ein PDF mit einer Montageanleitung gebe. Die bestätigte, was ich mir schon gedacht hatte.

Und so ging es gleich nach dem Abweben ans Werk.

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Schnürbrustfutter 3

Hin und her, her und hin. Zuerst hatte ich das Blatt mit 13F/cm gestochen, aber das Gewebe wurde mir nicht dicht genug. Also umgestochen auf 15F/cm. Jetzt ließ sich der Schuß noch schlechter anschlagen, zwischen den einzelnen Schüssen waren riesige Lücken. Also doch zu dicht? Umgestochen auf 12F/cm.

Das ist immer noch Mist: Was ich gerade webe, ist praktisch Stramin. Aber es läßt sich ums Verrecken nicht fester anschlagen! Argh! Mir fiel aber keine Lösung mehr ein, also webe ich das jetzt so ab und hoffe, daß die Nachbehandlung für eine hinreichende Schrumpfung sorgt.

Ein Teil des Problems ist sicherlich die Schlichte: Sie macht die Kettfäden noch steifer, als sie von Natur aus schon sind. Und luftgetrocknetes Leinen ist schon ganz schön steif.

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Schnürbrustfutter, Teil 2

Weil ich mich zwischenrein bei diversen Parametern umentschieden hatte, mußte ich noch etwas mehr Kette bleichen. Die ist jetzt ca. 3,2 m lang und wird wohl, wenn alles fertig ist, 91 cm breit sein, weil ich mich beim Schären wohl verzählt hatte. Eigentlich sollten es 85 cm sein.

Wenn ich das Schärbrett auf das niedrigst eingestellte Bügelbrett stelle, hat es die richtige Höhe.

Wenn ich das Schärbrett auf das niedrigst eingestellte Bügelbrett stelle, hat es die richtige Höhe. Ich schäre zwei Fäden auf einmal; die Lazy Kate des Spinnrads ersetzt das Spulengestell.

Das bäumen war kein Spaß, weil ich es irgendwie geschafft hatte, einen der 4 Kettzöpfe so zu machen, daß man ihn nicht nach und nach auslassen kann, d.h. ich mußte ihn auf einmal öffnen, und dabei hat er sich etwas verheddert. Continue reading

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Webprojekt Nummer 3: Handtücher

Handtücher sind wohl das beliebteste Experimentierfeld vor allem für Web-Anfänger – so auch für mich. Als Kette wird, neben reiner Baumwolle, auch gern Cottolin empfohlen, ein Leinen-Baumwoll-Gemisch, das leichter zu handhaben sein soll als reines Leinen. Die Reinleinen-Kette meines nächsten Projekts müßte sich schon sehr zickig anstellen, um diese Behauptung zu bestätigen. Die Kettfäden für dieses Projekt (Cottolin Nm 20/2) haben sich um sich selbst und um ihre Nachbar-Kettfäden gedreht und Knoten gebildet, wo es nur ging. Aber auf dem Weg zu Leinenkette, so dachte ich, müßte ich da durch. Vielleicht wird Cottolin ja auch nur empfohlen, damit einem Leinen danach vorkommt wie a gmahde Wiesn.

Natürlich webe ich keine dicken, modern gemusterten Baumwollhandtücher, wie es die meisten tun. Es muß schon was historisches sein. Auf handweaving.net fand ich Webpatronen, die historischen Webbüchern entnommen waren und irgendwie vertraut aussahen. Erst viel später wurde mir klar, warum: Weiße Papiertischdecken sind oft mit ähnlichen Mustern geprägt. Es sind mehr oder weniger einfache, in quadratischen Blöcken angeordnete Versionen von Damast, die schon damals für Tisch- und Bettwäsche beliebt waren, wie der Eintrag “Damast” im Frauenzimmer-Lexicon von 1715 bestätigt.

Den Autoren des 18. Jh. waren 8-schäftige Muster anscheinend zu banal; unter 10 Schäften ist da nichts zu wollen, und auch das galt wohl eher als Pipifax. Eine auf 1677 datierte Sammlung enthielt 8-Schaft-Muster, von denen ich eines auswählte. Zum Vergleich hier mal links “meine” Patrone und daneben eine aus dem 18. Jh. für 30 Schäfte. Beides sind Blockdamaste, nur daß bei der rechten Patrone deutlich mehr Blöcke nötig sind: 6 Blöcke à 5 Schäfte. Ich finde dieses Flechtmuster ja ausgesprochen geil, aber leider kann ich nur 2 Blöcke à 4 Schäfte.

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Jetzt gilt’s! Ein Schnürbrustfutter

Von Handwebern hört man oft, eine Kette aus Leinen sei ziemlich schwierig und nichts für Anfänger. Aber ich springe ja immer am tiefen Ende ins Becken, und irgendwo muß man ja anfangen.

Beginnen wir mir der Vorlage. Das ist eine Schnürbrust aus dem Dachauer Stadtmuseum, die ich genauer untersuchen durfte. Damals interessierte ich mich noch nicht fürs Weben, aber zum Glück habe ich gute und sehr detaillierte Fotos gemacht.

Das Futter ist ein 2/1-Köper mit einer Kette aus halbgebleichtem Leinen und einem Schuß aus dem gleichen halbgebleichten Leinen, durchsetzt mit unterschiedlich breiten Streifen aus minimal dickerem, ungebleichtem Leinen.
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Ein neues Werkelvirus

In letzter Zeit War es hier ein wenig still, weil die Hauptmethode, meine selber gesponnene Wolle zu verarbeiten, Stricken war – und die meisten dieser Projekte waren nicht historisch.
 
Und jetzt habe ich eine neue Methode, Garn loszuwerden: Weben. Es begann harmlos mit einem gebrauchten Ashford Rigid Heddle Loom. Aber was will man damit schon groß machen? Meterware? Nicht bei dem Tempo. Und die Gatterkämme, die die maximal mögliche Kettdichte bestimmen, eignen sich nur für Sockenwolle und dicker, also z.B. Schals und Tischläufer. Nicht mein Zielgebiet.
 
Und so steht nun seit knapp 2 Monaten der kleinste Webstuhl, den ich finden konnte, in meinem Wohnzimmer. Öxabäck Lilla, 8 Schäfte, 8 Tritte, 1m Webbreite.
 
Das erste Projekt war nur optional historisch: 4schäftiger Rautenköper mit Indigo-Kette und Krapp-Schuß, Industriegarn. Das zweite war eine Seidenschärpe für meinen 18.-Jh.-Banyan. Auf der Suche nach einem historisch verbürgten Muster fand ich auf handweaving.net mehrere Musterbücher von 1677 über 1748 bis 1807.

Das Muster der Schärpe

Das Muster der Schärpe


 
Als nächstes ist nun etwas richtig historisches dran…

Und es ist Zeit, den Namen des Blogs zu ändern, den nur Nähprojekte sind es ja eigentlich schon lange nicht mehr.

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